Supply at the Front Door

Kirchheimbolanden is Model Location for Regional Energy Management

Article within the current edition of the KIT magazine lookKIT on information at the Karlsruhe Institute of Technology, Edition 4/2016. The text was written in German, an excerpt is available in English at the end of the text.

 

Deutschland befindet sich in der Energiewende, die eine nahezu komplette Abkehr von der Nutzung kohlenstoffhaltiger Energieträger zum Ziel hat. Im Jahr 2015 stammten rund 32 Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien. Über alle Energiesektoren betrachtet liegt der Anteil bei etwa 15 Prozent und soll, laut dem erklärten Ziel der Bundesregierung, bis ins Jahr 2050 auf 80 Prozent ansteigen. Neben der Umstellung des Energiesystems von fossilen auf Energieträger aus erneuerbaren Quellen ist die Effizienz ein weiterer wichtiger Bestandteil der Energiewende. Es bedarf also umfangreicher Anpassungsmaßnahmen der bestehenden Energienetze und -anwendungen.

Besonders deutlich wird das bei der Stromversorgung. Noch vor wenigen Jahren, als Energie fast ausschließlich zentral in Großkraftwerken erzeugt wurde, konnte der Strom vom Kraftwerk über das Übertragungsnetz in die Verteilnetze und dort zum Endkunden transportiert werden. Diese über Jahrzehnte entstandene Struktur wird nun allerdings aufgebrochen und durch eine dezentrale Einspeisung aus erneuerbaren Energien abgelöst. Auch auf der Anwendungsseite werden weitreichende Änderungen erwartet. Beispielsweise wird von einer zunehmenden Elektrifizierung des Wärme- und Mobilitätsmarktes ausgegangen, die mit den bestehenden Infrastrukturen nicht realisierbar ist. Große Herausforderungen also für die künftige Energieversorgung: Woher kommt der Strom, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Wie kann überschüssiger Ökostrom sinnvoll genutzt werden? Lässt sich Energie bedarfsgerecht und bezahlbar durch eine Regionalisierung der Energieversorgung bereitstellen? Fragestellungen, mit denen sich ein deutschlandweit einzigartiges Projekt befasst, das die Regionalisierung der Energieversorgung untersucht.

„Es geht unter anderem darum, den Austausch von elektrischer Energie zwischen Übertragungsnetz und Verteilnetz möglichst gering zu halten. Dadurch kann der Netzausbau reduziert werden. Dies steigert die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende und reduziert die hohen Netzausbaukosten“, sagt Professor Thomas Leibfried, Leiter des Instituts für Elektroenergiesysteme und Hochspannungstechnik am KIT, über das Projekt RegEnKibo, das sich mit der „Regionalisierung der Energieversorgung auf Verteilnetzebene am Modellstandort Kirchheimbolanden“ befasst. Der Schlüssel zur Regionalisierung ist die intelligente Nutzung und lokale Speicherung von überschüssigem Ökostrom. Mit 2,2 Millionen Euro fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) die Forschungen, die bis 2018 laufen.

„Die Energie soll in der Region bleiben“ – das ist das erklärte Ziel der Forschungsarbeit, in die auch Bachelor- und Masterstudierende des KIT involviert sind. Als Modellstandort wurde die rheinland-pfälzische Stadt Kirchheimbolanden ausgewählt, deren Strom- und Gasnetze modelliert, anhand von Echtzeitdaten validiert und anschließend zusammengeführt werden. „Dies geschieht mittels Optimierungsalgorithmen und berücksichtigt dabei den momentanen Stromverbrauch sowie die Einspeisung von erneuerbaren Energien in das Stromnetz von Kirchheimbolanden“, erklärt Professor Sören Hohmann, Leiter des Instituts für Regelungs- und Steuerungssysteme am KIT. „Die Verteilungsstruktur in Kirchheimbolanden entspricht etwa dem Verbrauch in Deutschland. Außerdem gibt es bereits einen Windpark und Photovoltaikanlagen. Der Stromverbrauch ist repräsentativ zwischen Haushalten, Gewerbe und Industrie aufgeteilt“, ergänzt der RegEnKibo-Verbundkoordinator Dr. Peter Missal. Neben den Photovoltaikanlagen in der Stadt gibt es auch einen separaten Photovoltaikpark. Die Leitung des Projektes obliegt dem ortsansässigen Energieversorger e-rp GmbH, einem Unternehmen der Thüga-Gruppe. Die Technische Hochschule Bingen und die Viessmann Group sind weitere Kooperationspartner. Mit dabei sind aus Karlsruhe neben dem Institut für Elektroenergiesysteme und Hochspannungstechnik und dem Institut für Regelungs- und Steuerungssysteme das Engler-Bunte-Institut, an dem alle gastechnischen Fragestellungen bearbeitet werden. „Zur Langzeitspeicherung von elektrischem Strom wird ein neues Verfahren zur Erzeugung von Methan aus Wasserstoff modelliert und validiert. Zur Erzeugung des Wasserstoffs durch Elektrolyse wird überschüssiger Ökostrom verwendet“, erklärt Dr. Frank Graf von der DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte- Institut. Mithilfe dieser Technologie kann überschüssiger Strom im Gasnetz gespeichert werden und steht zu einem späteren Zeitpunkt lokal wieder zur Strom- und Wärmeversorgung, beispielsweise durch Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK), zur Verfügung. Weitere Fragestellungen, an denen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam arbeiten, drehen sich um den Austausch von elektrischer Energie zwischen Übertragungsnetz und Verteilnetz, die möglichst gering sein soll. Auch mit Energiespeichertechnologien und einer intelligenten Netztechnik beschäftigen sich die Projektpartner.

„Die Auswertung der Echtzeitdaten aus rund 60 Sensoren im Energienetz lieferte bereits erste sehr interessante Ergebnisse“, zieht Leibfried eine Zwischenbilanz nach über einem Jahr Projektlaufzeit. Vor Ort wurde die Messtechnik bereits installiert und liefert nun nach und nach die Daten. Ergänzend dazu gibt es Schätzverfahren über den Energieverbrauch der Haushalte. Die vorliegenden Daten werden also zum einen aus realen Anlagen und zum anderen aus Simulationen gewonnen. „Derzeit arbeiten die Wissenschaftler mit einem ,virtuellen Kraftwerk‘. Derlogische nächste Schritt ist es, eine reale Anlage zu bauen, denn Simulationen hören irgendwann auf, sinnvoll zu sein“, wie Leibfried und Graf betonen. An der 8 000 Einwohner starken Stadt Kirchheimbolanden als Modellstandort wollen die Wissenschaftler festhalten und der Folgeantrag der Förderung für RegEnKibo ist bereits in der Mache

 

Kontakt: thomas leibfried does-not-exist.kit edu und soeren.hohmann@kit.edu

Info: www.irs.kit.edu

 

Excerpt in English

Kirchheimbolanden is Model Location for Regional Energy Management

Translation: Maike Schröder

 

A few years ago, when energy was generated nearly exclusively at central large power plants, power was transported from the power plant via the transmission grid to distribution grids and from there the end customer. The resulting structure that developed over decades will cease to exist in the course of the envisaged energiewende. Instead, renewable energy will be fed decentrally into the power grid. this transformation process gives rise to a number of questions that will be dealt with by the project "Regionalization of Energy Supply on the Distribution Grid Level at the Model Location of Kirchheimbolanden" (RegEnKiBo). This project is unique in Germany and aimed at minimizing exchange of electric energy between the transmission grid and the distribution grid. Another goal defined by all RegEnKiBo project partners is to keep the energy in the region. The key to regionalizing power supply is the smart use and local storage of surplus eco-power. The city of Kirchheimbolanden in Rhineland-Palatinate was chosen as the model location. Its power and as grids are modeled, validated using real-time data, and interlinked in a joint control network. The project is headed by the local utility company e-rp GmbH, a company of the Thüga group. Other cooperation partners are the University of Applied Sciences of Bingen and the Viessmann group. On behalf of Karlsruhe Institute of Technology, the Institute of Electric Energy Systems and High-Voltage Engineering (IEH), the Institute for Control Systems (IRS), and the Engler-Bunte Institute are involved. The research project will be funded by the Federal Ministry for Economic Affairs and Energy (BMWi') with EUR 2.2 million until 2018.

 

Contact: thomas leibfried does-not-exist.kit edu