Man of the Future

HECTOR School Alumnus Philipp Schüll is the TRUMPF Group’s Industry 4.0 Program Coordinator

Article within the current edition of the KIT magazine lookKIT on information at the Karlsruhe Institute of Technology, Edition 1/2017. The text was written in German, an excerpt is available in English at the end of the text.

Schon als Schüler machte Philipp Schüll ein BOGY-Praktikum bei TRUMPF, später schrieb er seine Bachelorarbeit als Wirtschaftsingenieur in der familiengeführten Firma in Ditzingen. Er war für das schwäbische Hochtechnologieunternehmen als Praktikant in China, als Lean-Management-Spezialist in England und als Produktionsleiter in der Schweiz. Während dieser Zeit hat er berufsbegleitend an der HECTOR School des KIT seinen Master erworben und ist nun Industrie-4.0-Koordinator − natürlich immer noch bei TRUMPF. lookKIT-Redaktionsleiterin Domenica Riecker-Schwörer hat mit Philipp Schüll über seine Ausbildung, die digitale Vernetzung von Produktions- und Auftragsprozessen und sein Selbstverständnis der aktuellen Aufgabe gesprochen.

lookKIT: Programmkoordinator Industrie 4.0, was beinhaltet diese bezeichnung, wie verstehen sie Ihre Arbeit?

Philipp Schüll: „Meine Tätigkeit beinhaltet die Koordination der gesamten Industrie-4.0-Aktivitäten der TRUMPF Gruppe. Dabei haben wir uns auf drei strategische Stoßrichtungen fokussiert. Die eine ist die interne Umsetzung, also die digitale Transformation unserer Produktions- und Organisationsprozesse, klassisch getrieben durch Effizienz und Effektivität. Die zweite Stoßrichtung geht dahin, wie wir mit unseren bestehenden Produkten als Werkzeugmaschinenbauer und Laserhersteller unser Kerngeschäft absichern, durch weitere Lösungen anreichern und neue Geschäftsmodelle entwickeln können. Die dritte Stoßrichtung ist, in ein komplett neues Geschäftsfeld einzusteigen, neue Kundensegmente zu erschließen. Zusätzlich zur Koordination dieser drei Stoßrichtungen verantworte ich die interne Umsetzung von Industrie 4.0 – also der ersten Stoßrichtung.“

lookKIT: Was reizt Sie an Ihrem Aufgabengebiet besonders?

Philipp Schüll: „Die hohe strategische Bedeutung für die Zukunft der TRUMPF Gruppe und die große Dynamik und Komplexität, die in dem Thema steckt. Dazu kommt, dass wir nur Erfolg haben werden, wenn es uns gelingt, verschiedene Fachbereiche und Kompetenzen zu integrieren. Das zwingt uns dazu, unseren Blick zu erweitern. Persönlich finde ich das sehr spannend, und als Familienunternehmen haben wir da einen großen Vorteil: Wenn unsere Geschäftsführung von einem Thema überzeugt ist, agieren wir sofort voller Tatendrang und Energie. Gleichzeitig haben wir aber auch einen langen Atem und sind nicht quartalsgetrieben wie vielleicht ein börsennotiertes Unternehmen.“

lookKIT: Die TRUMPF Gurppe muss sich entwicheln und Geld verdienen zugleich. Wie kann das gelingen?

Philipp Schüll:  „Das ergänzt sich. Ich nenne ein Beispiel. Im klassischen Direktvertrieb ist der Ablauf folgender: der Vertriebler geht raus, spricht mit dem Kunden, der Kunde erteilt einen Auftrag. Der Vertriebler tippt diesen Auftrag in ein Worddokument ein, das geht an den Innendienst in der Tochtergesellschaft, die tippt ihn in ein System ein, dann geht er in die Zentrale … und irgendwann in die Produktion. Warum können wir es nicht schaffen, dass der Kunde direkt bestellt? Er bekommt ein smartes Interface, einen Konfigurator, der ihn durchleitet und bestellt seine Maschine selbst, individuell auf seine Ansprüche und speziellen Bedürfnisse abgestimmt. Dann haben wir eine Aufwandsreduzierung, und der Auftrag ist in Echtzeit in der Produktion. Das ist nur eins von vielen Beispielen. Insgesamt haben wir bei TRUMPF 23 solcher Handlungsfelder identifiziert, in denen wir unsere internen Order-tocash-Prozesse optimieren können. Ein weiteres Handlungsfeld wäre das Thema Fertigungssteuerung. Wir haben in unserer Blechfertigung 3 000 aktive Materialnummern und etwa hundert Aufträge pro Tag. Diese Komplexität ist für Fertigungssteuerer ohne technische Unterstützung nicht mehr handhabbar. Hier können wir über echtzeitbasierte Advanced Planning Systems unterstützen. Unser Thema ist: Wie stellen wir unseren Mitarbeitern Informationen und vor allem Wissen zur Verfügung zu dem Zeitpunkt, an dem sie sie brauchen? Und zwar nur die Informationen, die nötig sind, damit sie zielgerichtet und effizient arbeiten können? Das ist unsere Herausforderung.“

lookKIT: Um neue Ideen im bereich Industrie 4.0 zu entwickeln hat TRUMPF den Plattform-Anbieter AXOOM GmbH mit Sitz in Karlsruhe gegründet. Warum ein eigenes Unternehmen mit anderem Namen?

Philipp Schüll: „Wir haben eine räumliche und namentliche Trennung zum TRUMPF Hauptsitz geschaffen, damit auch wirklich etwas Neues entstehen kann. Die Aufgabe der Softwareentwickler von AXOOM ist, eine digitale Geschäftsplattform zu schaffen, mit deren Hilfe sich alle Schritte in der Wertschöpfungskette eines Fertigungsunternehmens einfach und schnell verbinden lassen. Ziel ist eine übergreifende Vernetzung von Maschinen, Software und Prozessen mit dem Menschen als entscheidenden Mittelpunkt. Also Daten aus Maschinen und Arbeitsstationen zu ziehen, sie sicher zu transportieren und dann zu visualisieren, in Dashboards darzustellen und aufzuarbeiten, sodass darauf reagiert werden kann. Auch das Thema Apps gehört dazu: Diese stammen von verschiedenen Anbietern, die alle die offene Plattform AXOOM nutzen und können direkt in der Produktion heruntergeladen werden. Das sind zum Beispiel Programme, um ein automatisiertes NC-Programm zu erstellen oder Kosten und Materialverbrauch direkt zu kalkulieren. Wir wollen mit AXOOM wirklich neue Wege gehen und umfassende digitale Lösungen anbieten, deshalb die Eigenständigkeit. AXOOM ist eine völlig offene Plattform. Sie steht allen industriellen Produzenten zur Verfügung – auch den Wettbewerbern von TRUMPF.“

lookKIT: TRUMPF hat seinen Hauptsitz in Ditzingen, AXOOM in Karlsruhe. Hat auch das einen besonderen grund?

Philipp Schüll: „Die Nähe zum KIT spielt natürlich eine Rolle. Hier werden die unterschiedlichen Spezialisten ausgebildet. Hier gründen sich Startups. Wir brauchen Experten, also einen Konstrukteur, einen Elektroniker, einen SoftwareProfi und jemanden, der Prozesse versteht. Die Kombination dieser Disziplinen, in Form von Zusammenarbeit und Offenheit, lässt den entscheidenden Mehrwert entstehen. Denn der Erfolg von Industrie 4.0 liegt wie gesagt in der Integration verschiedenster Kompetenzen. Die einzelnen Disziplinen alleine können in den Fertigungsunternehmen Industrie 4.0 nicht umsetzen. Da fehlt ihnen Domänen-Know-how aus der IT und Data Science. Und solche Expertinnen und Experten finden wir im Großraum Karlsruhe.“

lookKIT: Sie haben Ihren Master berufsbegleitend auch in Karlsruhe an der HECTOR School gemacht. Wie hilft Ihnen die Ausbildung in Ihrer jetzigen Position?

Philipp Schüll: „Ich habe Production & Operations Management im Masterprogramm der HECTOR School studiert und von dem Niveau der Vorlesungen sehr profitiert. Die Professoren waren hervorragend und mit Leidenschaft dabei, zu einigen habe ich heute noch Kontakt. Oft kamen sehr interessante Diskussionen zustande, wir haben vieles hinterfragt, weil wir die Themen aus der eigenen Berufswelt kannten und überlegt, wie wir das Wissen verknüpfen können. Was ich auch geschätzt habe, war der Austausch mit den Kommilitonen. Das ist definitiv ein Mehrwert. Ich hatte Studienkollegen mit unterschiedlichster Berufserfahrung aus verschiedenen Branchen. Da konnte ich viel mitnehmen und mir ist es nochmal leichter gefallen zu lernen, weil ich Synapsen knüpfen konnte. Einige Dinge aus den Inhalten der Vorlesungen habe ich dann auch direkt mit meinem Team in der Schweiz als Projekt umgesetzt, so zum Beispiel die Einführung einer Heijunka-Produktionssteuerung. Dabei haben uns Mitarbeiter von Professor Kai Furmans vom Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme des KIT hervorragend unterstützt.“

lookKIT: Haben sie heute noch Kontakt zu Kommilitoninnen oder Kommilitonen?

Philipp Schüll: „Da helfen uns die sozialen Medien, aber die HECTOR School macht viel Alumniarbeit. Mit einem Professor habe ich regelmä- ßig Kontakt auch in Richtung Zusammenarbeit. Er hat immer mal wieder Studien, an denen wir teilnehmen und ihn unterstützen. Insgesamt sind diese Verbindungen für mich bereichernd und nachhaltig.“

Weitere Informationen über TRUMPF: www.trumpf.com

 

Excerpt in English

HECTOR School Alumnus Philipp Schüll is the TRUMPF Group's Industry 4.0 Program Coordinator

Translation: Ralf Friese

TRUMPF, the high-tech company, provides manufacturing solutions in the areas of machine tools, laser technology, and electronics. TRUMPF advanced the digital interconnection of manufacturing industries through consulting activities and platform and software offerings. The company is a technology and market leader in machine tools for flexible sheet metal working and industrial lasers. With a headcount of more than 11,000, the TRUMPF group generated sales of EUR 2.81 billion in fiscal 2015/16 and is represented by more than 70 subsidiaries in all the important markets in the world.

When he was a high school student, Philipp Schüll worked for TRUMPF within a BOGY traineeship; later he wrote his bachelor thesis as a business engineer with the Ditzingen-based family-owned company. He worked for the Swabian high-tech company in China as a trainee, in the United Kingdom as a specialist in lean management, and in Switzerland as a production manager. At the same time, he acquired his master’s degree at the HECTOR School of the KIT and is now an Industry 4.0 coordinator – of course, still with TRUMPF. In his interview for LookKIT, he describes his work as a coordinator of all Industry 4.0 activities of the TRUMPF group. He had focused on three strategic approaches. One is internal implementation, i.e. the digital transformation of production and organization processes classically driven by efficiency and effectiveness. The second approach is backing the core business as a machine tool and laser manufacturer with existing products. The third approach involves entering novel business areas and developing new customer segments. The master’s degree in Production & Operations Management obtained at the HECTOR School in Karlsruhe has helped him a lot in his present position, reports Schüll: “The professors were outstanding and fully committed. I still have contacts with some of them. Often very interesting discussions arose; we investigated many items in detail because we were familiar with these topics from the professional lines we had chosen, and we thought about combining our knowledge.”

He even shared some contents of the lectures directly with his team in Switzerland in the course of project work, such as the introduction of a Heijunka production control system. In this effort, he had received excellent support from the staff of Professor Kai Furmans of the Institute for Materials Handling and Logistics.