Collecting and Utilizing Data in a Sensible Way

Smart Services in the Producrion and Development Sectors of Companies

Article within the current edition of the KIT magazine lookKIT on information at the Karlsruhe Institute of Technology, Edition 1/2017. The text was written in German, an excerpt is available in English at the end of the text.

Ein Roboter in einer großen Fabrik: Er bewegt seinen Arm und arbeitet im immer gleichen Rhythmus, verlässlich und unermüdlich. Sein Arm ist ausgestattet mit unzähligen Sensoren, die fühlen, wie es dem Roboter geht, welche Temperatur er gerade hat und wie der Ölstand ist. Diese laufenden Informationen gehören zu Tausenden von Datenströmen, die in ihrer Gesamtheit ermöglichen, jeden Messwert zu interpretieren: „Beträgt die Temperatur 20 Grad, wissen wir, es ist alles in Ordnung, bei 25 Grad ist erhöhte Aufmerksamkeit nötig, und 30 Grad bedeuten Alarm!“ Dr. Maria Maleshkova leitet am Karlsruhe Service Research Institute (KSRI) eine Nachwuchsforschungsgruppe, die als Industriepartner unter anderem die Heidelberger Druckmaschinen hat. Das STEP-Projekt ist im Bereich der Smart Services angesiedelt, bei dem es um präventive Reparatur- oder Einsatzplanung von Großdruckmaschinen geht: „Wenn die Maschinen ausfallen, wird es sehr teuer. Deswegen ist es wichtig, schon vorher Zeit und Aufwand zu investieren. Dann kann man rechtzeitig planen, wann bestimmte Teile ausgetauscht werden müssen, sodass die Maschine nie stillsteht. Wir nennen das ‚vorausschauende Wartung’ oder ‚Predictive Maintenance’.“

STEP (Smarte Techniker-Einsatzplanung) ist eines der vielen mit Drittmitteln geförderten Projekte am KSRI, die meist in direktem Austausch mit Industriepartnern laufen. Es wird seit März 2016 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programmes „Smart Service Welt“ neben 15 weiteren Projekten gefördert. Am KIT arbeiten drei interdisziplinäre Forschungsgruppen daran. Das zentrale Thema am KSRI seien digitale Servicesysteme, sagt Professor Gerhard Satzger: „Das Internet of Things produziert an sehr vielen verschiedenen Stellen Daten. Die Idee ist, dass verschiedene Partner ihre Daten verfügbar machen und die daraus gezogenen Rückschlüsse allen zugute kommen. Die Informationstechnologie hilft dabei, die Systemsicht herzustellen."

In jedem Scharnier kann heutzutage ein Chip eingebaut sein, der Datenverarbeitung möglich macht. Alle Schritte einer Wertschöpfungskette können durch Sensoren und zunehmend mehr Datenströme transparent gemacht und in Wissen verwandelt werden. Vom Bestell- bis zum Ausliefervorgang greift alles nahtlos ineinander, und große Unternehmen haben diese Kette in den letzten Jahrzehnten vollständig digitalisiert. Sie können ihre Geschäftsprozesse auf globaler Ebene abbilden. Für Deutschland sei es extrem wichtig, ganz vorne mit dabei zu sein, meint Professor York Sure-Vetter, Direktor am KSRI und Institutsleiter am Institut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren (AIFB): „Wir machen den Schritt von Daten hin zu Informationen, aus denen wir neues Wissen ableiten. Das ist die wichtige Kette, die eigentlich immer gilt." Wie aber werden Daten zu Informationen und Informationen zu Wissen? Entscheidend dafür ist es, unterschiedliche Datenströme zusammenzuführen, um dann auf einer höheren Ebene eine informierte Entscheidung treffen zu können. Die Kombination aus gesammelten und ständig fließenden Daten gibt – mithilfe des richtigen Algorithmus – dem Computer das Wissen; zum Beispiel darüber, wann ein bestimmtes Maschinenteil verschlissen sein wird. Der Schritt zur Information ist, dass die Daten in einen Kontext gesetzt werden können. Das Fachgebiet Wissensrepräsentation ist heute unweigerlich mit dem Internet verbunden, es gehe dabei um riesige Datenmengen, erklärt Sure-Vetter: „Die aktuell größte Herausforderung besteht darin, dass wir es mit immer schneller wachsenden Datenströmen zu tun haben. Im Internet-of-Things-Kontext gibt es Sensoren, die mit Hertzfrequenz schießen, teilweise mit über 1 000 Hertz, da gibt es Updates der Daten im Milli- oder Mikrosekundenbereich. Wir wollen diese Daten dennoch auf die Wissensebene bringen.“

Um die Datenströme sinnvoll abzubilden, hat das Team um Sure-Vetter in Zusammenarbeit mit dem FZI Forschungszentrum Informatik am KIT ein Werkzeug entwickelt: „Stream Pipes“ wurde im letzten Jahr auf der CeBIT vorgestellt. Mit einem grafischen Werkzeug können mithilfe von Kästchen, Boxen und Pfeilen Prozessabläufe eines Unternehmens so dargestellt werden, dass sichtbar wird, welche Datenströme fließen. Das Werkzeug benötigt verschiedene Algorithmen zur Detektion, also zum Aufspüren der Datenquellen und zum Kombinieren verschiedener Daten: „Die Regel könnte sein: Wenn die Umdrehungszahl zu hoch ist, überhitzt das Ganze. So eine Regel generiert Wissen über einen bestimmten Systemzustand. Auf dieses Werkzeug setzen wir maschinelle Lernverfahren auf. Diese Lernverfahren erkennen selbstständig interessante Muster, die uns helfen den Gesamtzustand der Fabrik beurteilen zu können. Diese Muster deuten und herausfinden, warum ein bestimmter Datenstrom mit einem anderen etwas zu tun hat, das können nur die Experten des jeweiligen Fachgebiets. Sure-Vetter ist als Wirtschaftsingenieur mit industriellen Prozessen vertraut und weiß, dass ein abstraktes Modell nur lebt, wenn es richtig eingesetzt wird. Deswegen sei es wichtig, vor Ort mit den Menschen zu sprechen, die ihre Maschinen kennen: „Mit den einzelnen Maschinen kennen wir uns nicht aus, wir entwickeln vor allem intelligente Algorithmen. Unsere Methoden sollen ganze Klassen von Problemstellungen lösen für die Zukunft.“

Maria Maleshkova betont, wie wichtig die technische Realisierbarkeit von Services im Kontext von Industrie 4.0 sei: „Wir wissen viel darüber, wie die Prozesse funktionieren, und wie die Wartungen überhaupt angestoßen werden. Trotzdem ist es nicht leicht, in die bestehenden Geschäftsprozesse einzugreifen. Wie kann man Prozessschritte, die bis jetzt in unterschiedlichen Abteilungen ausgeführt wurden, durchgängig machen und darauf basierend zum Beispiel neue Geschäftsmodelle entwickeln?“ Ein Ziel könnte sein, als Wartungsunternehmen dem Kunden Angebote zu unterbreiten, bei denen er nicht mehr die Wartung bezahlt, sondern die Garantie, dass die Maschine immer funktioniert.

Für ihre Kunden können die Unternehmen theoretisch ganz neue Angebote realisieren, die früher nicht möglich waren, weil es die entsprechenden Daten noch nicht gab. Doch das Ansammeln von Daten genügt nicht, sie müssen auch zusammengeführt und interpretiert werden, um neue Services entwickeln zu können. Ein simples Beispiel ist ein Pkw, der im Winter morgens früh um sieben Uhr aufheizt, nachdem er von der Smartwatch des Fahrers erfahren hat, dass dieser um 6.30 Uhr aufgestanden ist. Mit den Daten aus dem Internet der Dinge könne für den Kunden ein Mehrwert geschaffen werden, meint Gerhard Satzger: „Idealerweise ermöglichen die Daten dem Unternehmen, sein Leistungsversprechen an seine Kunden zu verbessern und ihm individualisierte Angebote zu machen.“ Den Prozess der „Servitization“, der zunehmenden Dienstleistungsorientierung, beschreibt Gerhard Satzger so: „Je mehr ich über meinen Kunden weiß, desto besser kann ich ein für ihn passendes Angebot machen. Wir bezeichnen das als ‚Customer Intimacy’. Je passender mein Angebot ist, desto mehr wird er auch bereit sein, dafür zu bezahlen.“

Das Unternehmen kann seine Produkte mit datenbasierten Dienstleistungen ergänzen oder gänzlich neue anbieten. Beispiele sind Uber oder Airbnb. Uber, sagt, Satzger, besitze weder ein Fahrzeug noch beschäftige es einen einzigen Fahrer. Dennoch dürfte es das größte „Taxi“- Unternehmen weltweit sein, wobei es lediglich eine ausgefeilte IT-Plattform anbietet, um auf den Kunden zugeschnittene Leistungen zu erbringen: „Das Ganze basiert auf Sensorik und Daten: Man weiß genau, welche Fahrzeuge wo verfügbar sind, wo sich der Reisende befindet und wohin er möchte. Damit entstehen innovative Geschäftsmodelle.“

Gerhard Satzger betont, wie wichtig die am KSRI gelebte Zusammenarbeit mit den Industriepartnern sei, „Industry-on-Campus“ ist ein großes Schlagwort: „Wir konzentrieren uns auf die Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis. Das, was wir mit den konkreten Daten der Unternehmen machen, kommt ihnen direkt zugute. Wir arbeiten interdisziplinär mit Maschinenbauern, Informatikern und Wirtschaftsingenieuren, denn Innovation findet da statt, wo Disziplingrenzen überschritten werden. Auch Studierende werden frühzeitig in die Forschung einbezogen. So bringen wir alle drei Säulen des KIT zusammen: Lehre, Forschung und Innovation.“

Doch Industrie 4.0 ist nur eines der vielfältigen Anwendungsgebiete für digitale Services und Wissensmanagement. Ein anderes ist die Medizin. Mit dem Universitätsklinikum Heidelberg wird an Assistenzsystemen für automatische Diagnoseempfehlungen im Bereich des sogenannten „Smart OP“ geforscht. Die medizinischen Geräte sammeln Daten während des Operationsverlaufs. Wenn es gelungen ist, diese historischen Daten zu strukturieren und zu interpretieren, verfügt der Computer über ein Wissen, das über das eines einzelnen Arztes hinausgeht. Er kann dann etwa den nächsten Schritt einer Operation vorhersagen, Warnungen und Empfehlungen geben. Ärzte müssen im OP sehr viele Geräte im Blick behalten. Diese vielen Geräte sollen besser zusammenarbeiten, sodass nicht der Arzt, sondern das System schlussfolgern muss: „Das ist komplex. Welche der Datenströme muss man wie kombinieren, um den jeweils wichtigen Aspekt nach vorne zu bringen? Das System soll von den besten Ärzten lernen, um dann der ganzen Profession unterstützend zur Seite zu stehen“, sagt Sure-Vetter. Stehen wir also kurz vor dem vollständig digital gesteuerten OP und der komplett digitalen Fabrik? Baut Industrie 4.0 Arbeitsplätze ab? Sure-Vetter: „Wir müssen und wir können uns bewusst entscheiden, was wir automatisieren. Die Ärzte, mit denen wir zusammenarbeiten, wollen die Innovation und wir glauben gemeinsam daran, dass die Operationen besser werden können. Es ist heute nicht erkennbar, dass dadurch der Berufsstand abgeschafft wird. Aber wir stehen vor einer ganzen Reihe neuer Möglichkeiten und müssen uns als Gesellschaft entscheiden, welchen Weg wir einschlagen. Die Aufgabe der Forschung ist es, zu zeigen, was machbar ist und was die Vor- und Nachteile dieses Weges sind.“

Kontakt:

 maria.maleshkova∂kit.edu und

gerhard.satzger∂kit.edu und

york sure-vetter does-not-exist.kit edu

 

Excerpt in English

Smart Services in the Production and Development Sectors of Companies

Translation: Maike Schröder

Several interdisciplinary groups of KIT conduct research into “Industry 4.0 – Internet of Things.” One of them is affiliated with the Karlsruhe Service Research Institute (KSRI). Work is based on the idea that data that are produced in large volumes by the internet of things can be collected and interpreted to derive conclusions that benefit production and help identify entirely new business areas. The STEP (smart planning of the deployment of technicians) project, for instance, covers preventative planning of repairs or deployments for large printing machines. With the help of the data obtained, predictions can be made as to when certain parts of machines have to be maintained or exchanged.

Contacts: maria maleshkova does-not-exist.kit edu, gerhard.satzger@kit.edu, and york.sure-vetter@kit.edu