Automobiles - When will Cars Live up to their Name?

HECTOR School Prof. Eric Sax will discuss the future of the automobile August 4, 2018 at the KaMuNa.

Badische Neueste Nachrichten - 10.07.2018

Rubrik "Wirtschaft", Seite 5

 

Die Forschung weckt die Leidenschaft

Der Ex-Daimler-Manager Eric Sax treibt am KIT die Technik für das autonome Fahren voran

Von unserem Redaktionsmitglied
Mario Beltschak

 

Karlsruhe. In der Automobilbranche gibt es einige von ihnen. Entertainer-Typen, die gut zu PS-Protzen oder hippen Elektrofahrzeugen passen. Daimler-Chef Dieter Zetsche und Tesla-Boss Elon Musk sind nur zwei Beispiele. Eric Sax zählt nicht zu diesem Schlag. Dabei war der Leiter des Instituts für Technik der Informationsverarbeitung (ITIV) am KIT lange selbst Mitglied der Chefetage bei Daimler. Doch statt mit markanten Werbebotshaften geht Sax die Dinge lieber sachlich an. Und doch bricht gelegentlich viel Leidenschaft aus dem 50-Jährigen - vor allem wenn es um das Thema automatisiertes Fahren geht.

"Davon träume ich ja", sagt Sax, als er über die Möglichkeit eines Assistenzsystems beim Einfädeln spricht. Wer kennt die Situation nicht? Weil die Fahrbahn sich von drei auf zwei Spuren verengt, bildet sich ein langer Rückstau. Dazu tragen vor allem die Autofahrer bei, die sich nicht an das Reißschlussverfahren halten. Mit einem automatisierten System in jedem Fahrzeug ließe sich das Problem in den Griff bekommen, ist Sax überzeugt. Mit kleinen Schritten wie diesem nähere man sich dem automatisierten Fahren als Ganzes an. Wann es soweit ist? "Das kann ich nicht mit einer Jahreszahl beantworten", sagt Sax und ergänzt: "Sicherheit ist das höchste Gebot. Und die ist in manchen Situationen noch nicht zu gewährleisten." Es gebe aber zig "Business Cases", wo die Automatisierung nützlich wäre und auch umsetzbar sei.

Sax erforscht unter anderem, wie ein autonomes Fahrzeug sich in einer unbekannten Umgebung zurechtfinden kann. "Automatisiertes Parken in einem Parkhaus, da ist das Umfeld doch sehr überschaubar. Aber wie entwickeln wir das künftig in einem Serienprozess? Und wie sichern wir das ab? Wie bekommen wir ein sicheres System für jede Eventualität?" Es sind solche Fragen, die Sax untreiben. Antworten soll auch das autonome Testfeld in der Region liefern. Sax arbeitet unter anderem auch daran, dass passende Software für den Einsatz in diesem Testfeld entsteht. 

Das alles passiert in einem eher schmucklosen Büro im Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Dabei hätte Sax ein ganz anderes Umfeld haben können. Denn nach dem Studium der Elektrotechnik an der Universität Karlsruhe und einer längeren Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie später Leiter der Gruppe Elektronische Systeme und Mikrosysteme (ESM) am Forschungszentrum Informatik (FZI), landete er 2002 bei der MBtech Group. Sie war damals eine 100-prozentige Daimler-Tochter. Sax kletterte über diese rasant die Konzern-Karriereleiter nach oben, wurde 2009 Leiter der Entwicklung Elektrik/Elektronik bei Daimler Buses. Dieser Job führte ihn an zig Auslandsstationen. Als 2014 die Stelle als Institutsleiter am ITIV zu haben war, sah Sax die Chance gekommen, wieder näher bei seiner Frau und den drei Kindern in Rastatt zu sein. "Ich arbeite jetzt sicher nicht weniger als bei Daimler", sagt der Professor. Aber es sei eben etwas anderes, als ständig zwischen den Kontinenten zu tingeln.

Dass er den Schritt nicht bereut, macht Sax etwa an einer Tabelle deutlich, die an seiner Bürotür hängt. Hier sind die mehr als 30 Doktoranden aufgelistet, die er als Doktorvater betreut - am KIT, als Programm-Direktor der Hector School des KIT und auch als Direktor am Forschungszentrum Informatik im Bereich ESS. "Da sind einige unheimlich spannende Themen dabei", erzählt Sax. Nun schwingt wieder viel Leidenschaft in seiner Stimme mit. Wenn es um die Forschung geht, taucht der 52-Jährige gerne tief ein. Er untermalt nahezu jedes Projekt mit einem praktischen Anwendungsbeispiel. Erzählt begeistert von einer Zusammenarbeit mit dem EuropaPark in Rust oder einer Aufgabe auf der Insel Borneo. "Dort gibt es eine Shuttle Strecke von einer Kohlemine zu einem Hafen. Die ist 90 Kilometer lang und wird von 100 Lkw bedient. Wie können wir hier Platooning machen? Wie können wir hier für Energieoptimierung sorgen?" Bei solchen Themen beginnen die Augen des Professors förmlich zu leuchten.

Besonders begeistert ist Sax von "allen Anwendungen, wo große Datenmengen entstehen". Big Data gilt generell als großes Trendthema. "Was sich derzeit durch die Leistungsfähigkeit der Technologie eröffnet, große Datenmengen zu analysieren, Anomalien zu entdecken, deep learning zu machen, das reizt mich extrem." Diese Fähigkeiten mit dem Bereich Automotive zu verheiraten, sei faszinierend.

Wenn Sax aus seiner Welt der Automatisierung wieder auftaucht, kehrt die eher kühle Sachlichkeit zurück. Und doch braucht auch er einen "Ausgleich zum Abschalten". Dann greift er zum Tennisschläger. "Ich spiele schon seit 40 Jahren in der Mannschaft. Diese anderthalb Stunden, wenn ich ein Verbandsspiel habe, da bin ich wie weggebeamt." Niederlagen ärgern ihn immer noch fürchterlich." Am Ende sage ich aber immer: War doch super, dass du jetzt raus aus allem anderen warst."

Abseits vom Tennisplatz lässt es Sax gerne sehr ruhig angehen. "Ich bin begeisterter Modelleisenbahner. Aber nicht volldigitalisiert. Da geht es auch um Landschaftsbau und solche Dinge." Einen Elon Musk kann man sich nur schwer in einem solchen Umfeld vorstellen. Zu Sax passt es, und zur Mischung aus Sachlichkeit und Forscherdrang.