Synergies and Multidisciplinarity

Recent Success of HEiKA Research Cooperation between Heidelberg and Karlsruhe

Article within the current edition of the KIT magazine lookKIT on information at the Karlsruhe Institute of Technology, Edition 1/2018. The text was written in German, an excerpt is available in English at the end of the text.

 

In einer empirischen Studie aus dem Jahr 2009 hat das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh die Wirkungen von Kooperationen zwischen Hochschulen in Deutschland untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass gerade unter den Bedingungen eines verstärkten Standortwettbewerbs eine institutionalisierte bilaterale Zusammenarbeit in definierten Bereichen dazu beitragen kann, die jeweils eigene Profilbildung der Hochschulen zu stärken, indem sie hilft, frühzeitig die strategisch entscheidenden Forschungsfelder zu besetzen. Es ist also kein Zufall, wenn die „Heidelberg Karlsruhe Research Partnership“ (HEiKA) 2011 im Rahmen der dritten Runde der Exzellenzinitiative aus der Taufe gehoben wurde. Inzwischen sind mithilfe von HEiKA sechs Forschungsbrücken entstanden, die bedeutsame Forschungsprojekte an beiden strukturell sehr unterschiedlichen Hochschulen verbinden.

Am einfachsten lässt sich die Komplementarität wissenschaftlicher Ressourcen zwischen der Universität Heidelberg und dem KIT anhand der HEiKA Forschungsbrücke „Medical Technology for Health“ (MTH) demonstrieren. Heidelberg verfügt über zwei medizinische Fakultäten, die eng mit den Universitätskliniken in Heidelberg und Mannheim zusammenarbeiten. Das KIT dagegen hat seine starken Ingenieurwissenschaften und seine Informatik eingebracht. Das Ergebnis ist neben vielen Einzelprojekten ein mittelfristig geplanter Bacherlor- und Masterstudiengang-Studiengang „Medizintechnik“. Aber auch mit den in Heidelberg sehr breit aufgestellten Geistes- und Sozialwissenschaften ergeben sich immer wieder innovative und multidisziplinäre Formen der Projektzusammenarbeit.

 

Komplementarität einer anderen Art beflügelt Physikerinnen und Physiker an beiden Standorten. Die im letzten Jahre etablierte HEiKA Forschungsbrücke „Particle Physics, Astroparticle Physics and Cosmology“ (PAC) fiebert dem 27. September 2018 entgegen. Dann fällt die Entscheidung über die beiden von Heidelberg und Karlsruhe gemeinsam gestellten Anträge zur Einrichtung von Exzellenzclustern.

 

Der Antrag zur Erforschung der Dunklen Materie sieht unter anderem die Gründung eines „HEiKA Institute for Dark Matter Research“ vor. Für Professor Johannes Blümer, Leiter von „Bereich V – Physik und Mathematik“ des KIT, würde damit eine mehr als 60 Jahre währende, vertrauensvolle Zusammenarbeit der Kern- und Teilchenphysiker in Karlsruhe und Heidelberg in eine in diesem wichtigen Themenfeld weltweit führende Forschungseinrichtung münden. „Bei so viel geballter Kompetenz in einem Verbund, zu dem auch das Heidelberger Max-Planck-Institut für Kernphysik gehört, wären wir sofort ganz vorne dabei. Das wäre eine extrem effiziente Nutzung von Wissen und von Infrastrukturen, die sich über Jahrzehnte entwickelt haben. Wenn wir jetzt gemeinsam ein Großthema wie die Dunkle Materie behandeln, können nicht viele anderswo mithalten – weder in den USA noch sonst wo.“ Professor Blümer gehört seit kurzem dem HEiKA Research Board an. Die Astroteilchenphysik ist für ihn auch 30 Jahre nach der Einrichtung als eigenes Forschungsfeld ein ganz spannender Bereich. „Es zeigt sich immer deutlicher, dass die Verbindung zwischen dem, was man im Universum beobachtet und dem, was am Teilchenbeschleuniger des CERN passiert, noch viel stärker ist, als man ursprünglich dachte. Bei den physikalischen Grundfragestellungen hängt alles mit allem zusammen. Das betrifft das Standardmodell der Teilchenphysik ebenso wie das Standardmodell der Kosmologie. Neutrinomasse und Dunkle Materie sind die gemeinsamen Unbekannten.“ Die Komplementarität von Heidelberg und Karlsruhe liegt für den Bereichsleiter für Physik und Mathematik in den völlig unterschiedlichen Methoden, wie die Suche nach Abweichungen vom jeweiligen Standardmodell an beiden Standorten angegangen wird. In der Astroteilchenphysik ist das KIT bei den Messungen hochenergetischer kosmischer Strahlung am argentinischen Pierre-Auger-Observatorium beteiligt. Die Heidelberger betreiben Gamma-Astronomie an den Tscherenkow-Teleskopen in der chilenischen AtacamaWüste und auf den Kanaren. Im Bereich der Teilchenphysik ist das KIT mit dem CMS-Experiment am CERN dabei. Heidelberg dagegen beteiligt sich dort am ATLAS-Experiment. Unterschiedliche Forschungsstrategien bei weit überlappenden Fragestellungen sind zudem wertvoll bei der zuverlässigen Validierung einmal erzielter Ergebnisse. In Zukunft ist aber auch an die gemeinsame Nutzung der für die Astro- und Teilchenphysik typischen aufwendigen Großexperimente gedacht. Der Exzellenzantrag, der aus der HEiKABrücke „PAC“ entstanden ist, umfasst so auch eine Weiterentwicklung des Karlsruher Tritium Neutrino Experiments (KATRIN) sowie den Aufbau eines gemeinsamen großen unterirdischen Detektors zur Suche nach den schweren Teilchen der Dunklen Materie („Dark Matter Wimp Search With Liquid Xenon“ (DARWIN)).

 

„HEiKAexplore ist unser Experimentierkasten, da sollen Bereiche gefördert werden, in denen wir noch nicht eine lang tradierte, umfassende Zusammenarbeit haben. Hier können sich Kollegen vom KIT und aus Heidelberg kennenlernen und gemeinsam ausloten, welche bisher noch ungenutzten Potenziale der Kooperation es gibt.“ Der Politikwissenschaftler Professor Reimut Zohlnhöfer koordiniert für die Heidelberger ein 2016 ins Leben gerufenes Kooperationsinstrument, das in besonderer Weise Multidisziplinarität in der Forschungszusammenarbeit fördert. Viele der gesellschaftlich drängendsten Problemstellungen lassen sich nur mutig quer zu etablierten Fachdisziplinen angehen. Das erste Themenfeld, das auf diese Weise in einem kleinteiligen Bottom-upProzess identifiziert wurde, ist „Facing Environmental Change: Research, Communication, Action“ (FACE).

 

„Die Zusammenarbeit entstand aus der Erkenntnis, dass man die Herausforderungen des Klimawandels nur meistern kann, wenn man sozialund naturwissenschaftliche Perspektiven kombiniert“, sagt Dr. Christoph Mager vom Institut für Geographie und Geoökologie des KIT. Er war an der Entwicklung der Themenskizze zu FACE beteiligt und ist in Karlsruhe für das FACE-Teilprojekt „Bewertung und Wahrnehmung von Grünund Freiflächen in urbanen Regionen im Kontext von Klimaschutz und Klimaanpassung“ (GREIF) verantwortlich. Dabei geht es um drei ganz konkrete Freiflächen in Heidelberg, Mannheim und Weinheim, wo Zielkonflikte zwischen Klimaschutz und urbaner Anpassung an das sich verändernde Klima wie in einem Brennglas sichtbar werden. Einerseits erfordert die Reduktion der CO2 -Emissionen eine möglichst verdichtete Bebauung, um die Wege kurz und den Verkehr klein zu halten. Andererseits haben Frei- und Grünflächen eine kühlende Funktion in der Stadt und bieten den Anwohnern Erholungs- und Freizeiträume. In diesem Kontext ist die Zusammenarbeit der Geoökologen mit den Heidelberger Politikwissenschaftlern entscheidend. Nur mit ihrem Instrumentarium lässt sich erforschen, wie Entscheidungsprozesse bis hin zu konkreten Vorgaben für die Stadtplaner ablaufen, und welche Rolle Bürgerbeteiligungen dabei spielen können. Ein wichtiges Anliegen von FACE ist der möglichst verlustfreie Wissenstransfer in die Breite der Gesellschaft. Das FACE-Teilprojekt GREIF wird deshalb im April 2018 die Ergebnisse auch in Form eines runden Tisches mit Anwohnern der erforschten Freiflächen diskutieren.

 

„Wie wird Wissen generiert? Welche Wissensarten gibt es eigentlich? Wie wird es kommuniziert und wie zurückgespiegelt?“ Für die HEiKA-Geschäftsführerin Dr. Regine Kleber antwortet das jüngste Projekt der HEiKAexplore Forschungsbrücke auch auf die schriller werdende Diskussion um Fake News und die politische Relativierung wissenschaftlicher Faktizität. Das Thema „Textwelten und Wissensforschung“ bringt die Geisteswissenschaften an beiden Standorten auf diese Weise in einen überaus aktuellen Dialog über Geschichte und Gegenwart medialer Konstruktionen und Vermittlung von Wissen. Auch hier entstehen überraschende Komplementaritäten zwischen Heidelberg und Karlsruhe. „Wir versuchen das Makro-Epochale neu zu vermessen, dieses weite Feld von 1300 bis um 1700 ist wissensgeschichtlich eine zentrale Epoche.“ Der Mediävist Professor Mathias Herweg ist in Karlsruhe verantwortlich für das Teilprojekt „Zukunftswissen. Kontingenz und Prognose in der Literatur des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit“. Etwa anhand von Enzyklopädien kann man verfolgen, wie sich die Wissensvermittlung im Laufe von 400 Jahren verändert hat, und welcher harte Kern von Wissen sich dennoch durch alle Epochen hindurchzieht. Die Zusammenarbeit mit Heidelberg ermöglicht hier, die alte historische Zäsur zwischen Alt- und Neugermanistik zu überwinden, die immer in Gefahr steht, das so entscheidende 16. Jahrhundert einfach unter den Tisch fallen zu lassen. „Das haben wir ganz bewusst aufgebrochen“, sagt Professor Herweg, „mein Heidelberger Kollege Professor Dirk Werle ist Frühneuzeitler mit Schwerpunkt im 17. und 18. Jahrhundert. Ich selbst habe meine Schwerpunkte im 13. und 15. Jahrhundert. Gemeinsam werden wir der Zeit von 1500 bis 1600 als einer Epoche großer Entdeckungen und gewaltiger wissenschaftlicher Umbrüche die dringend nötige Aufmerksamkeit widmen.“

 

Kontakt: info does-not-exist.heike-research de

Info: www.heika-research.de

 

Excerpt in English

Recent Success of HEiKA Research Cooperation between Heidelberg and Karlsruhe

Translation: Ralf Friese

 

In a 2009 empirical study, the Center for University Development (Centrum für Hochschulentwicklung, CHE) assessed the impact of cooperative ventures among universities in Germany. Its findings show that institutionalized, bilateral cooperation in defined areas can strengthen the profile of a university, especially in highly competitive environments, by helping it establish early beachheads in strategically decisive research areas. It is no coincidence, therefore, that the “Heidelberg Karlsruhe Research Partnership” (HEiKA) was established in 2011 in the third round of the Excellence Initiative. Since then, six research bridges have been created by means of HEiKA which link important research projects at these two universities that are structurally very different.

 

The complementary nature of the scientific resources of the University of Heidelberg and KIT is best demonstrated by the “Medical Technology for Health” (MTH) HEiKA research bridge. Heidelberg has two medical faculties closely collaborating with university hospitals in Heidelberg and Mannheim. KIT, on the other hand, contributes its powerful engineering and computer science skills. The result, in addition to many one-off projects, is a bachelor-master course of studies, “Medical Technology,” planned on a medium term.

 

A different kind of complementarity drives physicists at both locations. The “Particle Physics, Astroparticle Physics, and Cosmology” (PAC) HEiKA research bridge established last year eagerly waits for September 27, 2018, when a decision will be made on the joint application by Heidelberg and Karlsruhe to create a cluster of excellence for research into dark matter. The application, among other things, would create a “HEiKA Institute for Dark Matter Research.” For Professor Johannes Blümer, Head of “Division V – Physics and Mathematics” of KIT, this would mean that more than sixty years of close cooperation between the nuclear and particle physics faculties of Karlsruhe and Heidelberg would converge into a leading global research institution in this important area.

 

Another research bridge established last year deals with questions such as “How is knowledge generated? What kinds of knowledge are there? How is it communicated and how is it reflected?” For HEiKA Managing Director Dr. Regine Kleber, the most recent project in the HEiKAexplore research bridge is a response to the increasingly shrill discussion about fake news and the relative political importance of scientific facts. The topic of “Text worlds and knowledge research” in this way establishes a most topical dialog among humanities at both locations about history, media constructions, and dissemination of knowledge.

 

Contact: info does-not-exist.heika-research de

Info: www.heika-research.de/english/index.php